Politische Diskussionen um Arbeitslosenunterstützung sind immer schwierig. Die Höhe des Arbeitslosengeldes beeinflusst die Lebenssituation vieler Menschen elementar. Außerdem geht es bei dieser Frage um Gerechtigkeit, und die Vorstellungen darüber, was gerecht ist, sind bei den Menschen unterschiedlich. Vor allem aber geht es um die Rolle der Arbeit in der Gesellschaft. Das Arbeitslosengeld muss von denjenigen Menschen mit erwirtschaftet werden, die jeden Tag zur Arbeit gehen. Andererseits haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Interesse daran, dass sie im Falle der Arbeitslosigkeit würdig und gut abgesichert sind.
Die Ampelkoalition wird jetzt einige Strukturprobleme angehen, die mit dem Arbeitslosengeld II verbunden waren. Ein Problem des Arbeitslosengelds II ist es, dass viele Menschen im Bezug sind, die dort gar nicht hineingehören, weil sie dauerhaft oder übergangsweise erwerbsunfähig sind. Darum hat sich die SPD mit Verbesserungen bei der Erwerbsunfähigkeitsrente gekümmert, und aus meiner Sicht müssen weitere Schritte folgen. Ebenso gehören Kinder nicht in den Leistungsbezug der Erwachsenen. Darum kümmert sich die Ampelkoalition mit der Kindergrundsicherung.
Ab 2023 soll nun das Bürgergeld kommen und das Arbeitslosengeld II ablösen. Was ist neu? Wer seinen Job verliert, muss nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldes I nicht mehr fürchten, sofort seine Wohnung und seine Ersparnisse zu verlieren. Ich halte das für richtig. Denn es ist ein Problem des jetzigen Systems, dass Menschen, die viele Jahre gearbeitet haben und Ersparnisse hatten, ebenso behandelt wurden wie Menschen, die noch nie gearbeitet haben. Das ändert sich durch das Bürgergeld.
Ebenso wird es eine Vertrauenszeit geben, in der keine Sanktionen verhängt werden. Die Arbeitssuchenden und ihre Betreuer*innen vom Jobcenter können sich so auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam überlegen, was der beste Weg zurück in den Arbeitsmarkt ist.
Die Aus- und Weiterbildung von Arbeitssuchenden erhält eine höhere Priorität und die Bürokratie wird abgebaut. Die Regelsätze werden steigen, um den materiellen Grundbedarf abzudecken. Und ganz wichtig: Die Einkünfte junger Menschen aus Schüler- oder Studentenjobs werden nicht mehr auf das Bürgergeld angerechnet und das Auszubildendengehalt auch nicht. Das ist der richtige Weg, um junge Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen.
Ich halte die Änderungen für richtig. Wer das Arbeitslosengeld I nicht oder nicht mehr erhalten kann, muss eine angemessene Grundsicherung erhalten, die eine materielle Basisversorgung sowie eine soziale und kulturelle Teilhabe sicherstellt. Über einige mögliche Ergänzungen könnte man durchaus noch einmal sprechen. Verbesserte Möglichkeiten der Kinderbetreuung für Alleinerziehende sind beispielsweise ein Thema.
Ich bin der Ansicht, dass Arbeitssuchende eine Mitwirkungspflicht haben. Ich bin davon überzeugt, dass das Bürgergeld der richtige Weg ist, um den Weg zurück in den Arbeitsmarkt gemeinsam zu gehen. Das Bürgergeld sieht arbeitssuchende Menschen als Partner auf Augenhöhe und es eröffnet Chancen. Damit passt es zu einer sozialen Demokratie und zu einer freiheitlichen und zivilisierten Gesellschaftsordnung.